Auszug aus dem Gespräch zwischen Pfarrer Hans-Ulrich Winkler und Michaela Hackert, Koordinatorin.
Unter einem Hospiz stellen wir uns ein Haus vor, das speziell für die Pflege und Begleitung von sterbenden Menschen eingerichtet wurde. Was macht ein ambulanter Hospizdienst?
„Im ambulanten Hospizdienst begleiten wir schwerstkranke und sterbende Menschen zu Hause, im betreuten Wohnen, im Krankenhaus oder in der Pflegeeinrichtung. Viele Menschen wünschen sich im Fall schwerer Krankheit im vertrauten Umfeld bleiben zu können. Das ermöglichen wir im Team, bestehend aus Palliative Care Fachkräften, den so genannten hauptamtlichen Koordinatorinnen, und den ausgebildeten ehrenamtlichen Hospizbegleiter*innen. Der ambulante Hospizdienst begleitet Menschen in der letzten Lebensphase, nicht erst in der Sterbephase.“
Wie kann man sich das im Alltag vorstellen?
„Sobald eine Anfrage bei uns eingeht, durch die erkrankten Menschen selbst oder eine Kontaktperson, kommen wir Koordinatorinnen zu einem Beratungsgespräch. Wir überlegen mit ihnen und den Angehörigen, welche Unterstützung hilfreich sein könnte. Dabei tauchen wir einfühlsam in das emotionale und soziale Umfeld ein, in dem sich die Person befindet. Gerade in der letzten Lebensphase treten viele Fragen und Unsicherheiten auf. So beraten wir zur Symptomlinderung oder zu Fragen der Palliativversorgung. Auch ethisch-rechtliche Fragen oder Vorsorge-Themen beantworten wir. Leben die palliativ erkrankten Menschen in Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern begleiten wir in enger Abstimmung mit den Fachkräften vor Ort. Neben der Beratung bieten wir auch regelmäßige Besuche durch Ehrenamtliche an, was häufig eine große Entlastung bringt. Sie haben Zeit. Zeit zum Zuhören. Einfach zum Dasein für jemanden – auch ohne Worte, wenn krankheits- oder altersbedingt die Kommunikation mit Worten nicht mehr möglich ist. An dieser Stelle leisten die qualifizierten Ehrenamtlichen ihren wertvollen Dienst.“
Welche Rolle spielen die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen?
„Ohne sie wäre die ambulante Hospizarbeit nicht möglich. Sie verbringen in der Regel jede Woche einige Stunden mit den schwersterkrankten Menschen und bauen einen engen Kontakt auf. Sie leisten Gesellschaft, hören zu, lesen vor oder sprechen über schöne Erlebnisse, Ängste und Sorgen. Dabei wird mindestens genau so viel gelacht, wie geweint. Insgesamt schaffen die Ehrenamtlichen eine mitfühlende Umgebung während der letzten Lebensphase und tragen dazu bei, dass der Übergang mit Würde, Respekt und Liebe begleitet wird.“
Können Sie uns erklären, was man unter ‚hospizlicher Haltung‘ versteht?
„Wir helfen Menschen auf ihrem letzten Lebensabschnitt den eigenen Weg zu finden und schenken zwischenmenschliche Zuwendung. Sie und ihre Zugehörigen stehen im Mittelpunkt mit ihren sozialen, spirituellen, psychologischen und allen medizinischen Belangen. Wir sind der Überzeugung, kein Mensch sollte im Sterben allein sein, wenn er das nicht will. Dabei ist unser Anliegen, für Sterbende eine Atmosphäre von Geborgenheit und Sicherheit zu schaffen. Das bedeutet auch, sie ganzheitlich als Person in ihrer Würde zu erfassen und ihre Bedürfnisse wahrzunehmen. Wir wollen ihnen ein Leben mitten im Sterben ermöglichen, mit allen Gefühlen, Fragen und Gedanken, die damit verbunden sind. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist: Auch nach dem Tod sind wir für die Menschen da und leisten Beistand in der Zeit der Trauer, zu Beginn in der akuten Phase wie auch danach. In diesem Fall sind wir in Form von Einzelgesprächen oder Trauergruppen verlässliche Wegbegleiter*innen.“
Für wen sind das Hospiz und der ambulante Hospizdienst da?
„Wir sind für Menschen in der letzten Lebensphase und deren An- und Zugehörigen da, unabhängig von ihrer Nationalität, Religion oder Weltanschauung. Unser Angebot ist kostenfrei und kann von allen Menschen in Anspruch genommen werden.“
Man sagt „So wie man lebt, stirbt man“. Wie erleben Sie das bei Ihrer Arbeit?
„Wir erleben in der Sterbebegleitung, dass kein Sterbeprozess dem anderen gleicht. Jeder Mensch hat ein besonderes, ganz und gar unverwechselbares Leben gehabt. So ist auch der Abschied von dieser Welt jeweils einzigartig und jeder Mensch stirbt seinen ganz persönlichen Tod.“
Was raten Sie Menschen?
„Es ist hilfreich, wenn die Beziehungen zu den Mitmenschen geklärt sind. Wenn Konflikte bereinigt sind und Belastendes aus dem Weg geräumt ist. Das ist eine wertvolle Voraussetzung dafür, um als Sterbende oder Sterbender friedlich aus dem Leben zu gehen. Auch das begleiten wir, wenn es gewünscht ist.“
Die Hospizarbeit fordert das ganze Mensch-Sein. Wie gehen Sie und Ihre Kolleginnen mit der Sterbebegleitung um? Was sind Ihre Kraftquellen?
„Wir suchen uns bewusst Kraftquellen. Das sind Orte oder Tätigkeiten, die wir bewusst in unseren Alltag integrieren, aus denen wir Kraft schöpfen. Auch versuchen wir durch eine annehmende Haltung die inneren Ressourcen zu stärken. In diesem Zusammenhang unterstützen wir auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen in ihrer Fähigkeit, Grenzen zu (er-)kennen, zu achten und eigene Ressourcen oder Kraftquellen wahrzunehmen. Daher bieten wir regelmäßige Gruppenabende an, in denen wir uns austauschen, reflektieren und gegenseitig unterstützen können. Schon im Qualifizierungskurs nimmt das Thema ‚Wie kann ich Kraft schöpfen? Wo finde ich meine Kraftquellen? Wie stärke ich meine Ressourcen?‘ einen großen Raum ein.“
Was ist Ihre persönliche Kraftquelle?
„Ich habe im Laufe der Zeit herausgefunden, dass ich gerne in der Natur bin, Freundschaften pflege, gerne lese oder Orte der Stille aufsuche und daraus neue Kraft schöpfe. Auch mein persönlicher Glaube ist eine wichtige Kraftquelle für mich, aus der ich Sicherheit gewinne.“
Haben auch Sie Interesse am Angebot des Hospiz Stuttgart? Dann nehmen Sie Kontakt zu uns auf. Gerne stellen wir Ihnen unsere Arbeit ausführlicher vor. Ein Anruf oder eine Mail genügt.
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